Über Al­ters­teil­zeit, Per­spek­ti­ven & Dank­bar­keit

Mehr Zeit für So­zia­les

Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?“ Dies ist eine beliebte Frage in Vorstellungsgesprächen. Sie zielt auf die persönliche Lebensplanung ab. Steht man zeitlich gesehen eher am Ende seiner beruflichen Karriere, befassen sich die Gedanken vermutlich vielmehr mit der Frage, wann und wie der nächste Lebensabschnitt begonnen und gestaltet werden könnte.

Ende November verabschiedete sich unser Kollege Dietrich Ginsberg nach 20 Jahren als Prototype Manufacturer im System Development Prototype Building bei Thomas in die passive Phase seiner Altersteilzeit. Zwar entspricht das Modell der Altersteilzeit gängiger Praxis, doch längst nicht jedes Unternehmen bietet diese Option. Dietrich Ginsberg empfindet Dankbarkeit dafür, dass er gesund und mit einem sanften Übergang aus dem Berufsleben ausscheiden darf. Die neu gewonnene Zeit möchte er für sein soziales Engagement nutzen. So, wie er es auch während seines Arbeitslebens getan hat, doch nun intensiver. Ende der 80er war er bereits schon einmal eineinhalb Jahre bei Thomas beschäftigt, als er sich mit seiner Frau und seinen damals noch drei kleinen Kindern entschloss, für das Missionswerk zwei Jahre nach Kenia zu gehen. Diese Zeit hat ihn erfüllt und geprägt. Sein Einsatz für Soziales hat seither nie aufgehört. Sei es, durch regelmäßige Besuche von Straffälligen in Gefängnissen oder durch Unterstützung bei sozialen Projekten. Jüngst reiste er mit einer Gruppe aus seiner Gemeinde zu einem kleinen Ort in Moldawien. Die ärmlichen Verhältnisse und Nöte der Einwohner haben ihn und seine Mitreisenden tief bewegt. Dem Bedürfnis, anzupacken und zu helfen, werden Taten folgen.

Das persönlichste Engagement von Dietrich und seiner Frau Ellen zeigt sich darin, sein Zuhause und sein Herz für Kinder aus sozial schwierigen Verhältnissen zu öffnen. „Vor über fünf Jahren kam meine Tochter Teresa zu uns mit dem Wunsch, langfristig Pflegekinder aufnehmen zu wollen und der Frage, ob wir sie dabei unterstützen würden. Bei Recherchen zu diesem Thema ist dann meine Frau Ellen auf den Pflegekinderdienst Mogli in Siegen aufmerksam geworden. So entstand aus der Idee der Tochter ein Familienprojekt. Denn neben der Möglichkeit der Langzeitpflege gibt es noch weitere Optionen Kinder aufzunehmen, zum Beispiel die Bereitschaftspflege, für die meine Frau und ich uns dann angeboten haben“, erklärt Dietrich Ginsberg. Bereitschaftspflege bedeutet in diesem Fall, dass das Jugendamt den Pflegekinderdienst Mogli kontaktiert, wenn zum Teil ad hoc ein Kind eine Bleibe benötigt. Im Vorfeld finden Schulungen der Pflegefamilien statt und der gesamte Prozess wird durch feste Ansprechpartner und Hausbesuche begleitet. Im Gegensatz zur Langzeitpflege ist die Bereitschaftspflege begrenzt bis auf den Tag, an dem das Familiengericht darüber entscheidet, welche Art der Inobhutnahme, ob Kinderhort, Pflegeeltern oder Herkunftsfamilie, auf lange Sicht für das betreffende Kind in Frage kommt. Diese Zeit sollte regulär auf sechs Monate begrenzt sein. Derzeit betreuen Dietrich und Ellen ein Kind im Vorschulalter. Zwei Pflegekinder leben bei seiner Tochter Teresa. In den letzten fünf Jahren waren es insgesamt acht Kinder im Kleinkind- oder Säuglingsalter, die bei Ginsbergs ein Zuhause auf Zeit gefunden haben.

Altersteilzeit bei Thomas

  • ab einer Betriebszugehörigkeit von zehn Jahren möglich
  • maximale Dauer: sechs Jahre, beginnend mit dem frühestmöglichen gesetzlichen Renteneintritt
  • Zwei Phasen: Aktivphase mit Vollzeittätigkeit, Passivphase ohne Berufstätigkeit
  • Finanzielle Regelung: Die Hälfte des regulären Gehalts wird während der gesamten Altersteilzeit gezahlt und von Thomas mit einem Betrag in Höhe von 20% des Altersteilzeitregelentgelts bezuschusst. Je nach Betriebszugehörigkeit erfolgt zudem eine weitere prozentuale Aufstockung der Summe

Die verantwortungsvolle Aufgabe der Pflegeelternschaft birgt einige Herausforderungen. Es handelt sich um Kinder, die zum Teil viel durchgemacht haben. Sehr oft werden seine Frau und er überrascht, wie positiv sich die Kinder nach der für alle anstrengenden Eingewöhnungsphase entwickeln. Sobald sie Vertrauen fassen, fangen sie plötzlich an zu spielen, zu lächeln und möchten auch mal in den Arm genommen werden. „Wenn der Tag gekommen ist, an dem sie unser Haus wieder verlassen, blutet uns das Herz“, beschreibt Dietrich. Ein Vorteil des Alters: die Kinder nehmen Ellen und Dietrich als Oma und Opa wahr. Mit diesem Begriff ist es leichter, auch langfristig den Kindern als Bezugspersonen erhalten zu bleiben und den Werdegang ihrer Schützlinge weiter zu verfolgen, wenn es situationsbedingt möglich ist.

Energie schöpft Dietrich Ginsberg aus seinem christlichen Glauben. Egal ob bei der Entwicklungshilfe in Kenia oder Unterstützung in Moldawien, ob bei der Betreuung von Gefängnisinsassen oder pflegebedürftigen Kindern – Materielles lindert nur die erste Not. Langfristig brauchen alle Menschen eins: Hoffnung. Hoffnung gibt Halt und Motivation, sich nicht selbst aufzugeben, Hilfe anzunehmen, aktiv mitzuarbeiten, sodass sich eine schwierige Situation zum Guten wenden kann.

Dietrich Ginsberg ist für vieles in seinem Leben dankbar, auch für sein gemütliches Haus, das er und seine Familie gerne zu einem Zuhause für Kinder machen, die es benötigen.

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