Produktionsaufbau in China

Interkulturelle Zusammenarbeit

Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) vermeldete jüngst, China habe 2020 Deutschland den Rang als Exportweltmeister im Maschinenbau streitig gemacht. Mit schätzungsweise 165 Milliarden Euro bei 15,8 Prozent des Gesamtexportvolumens weltweiter Maschinenausfuhren lag China vor Deutschland mit 162 Milliarden Euro und 15,5 Prozent. Ein großer Sprung, bedenkt man, dass Deutschland in 2019 noch 1,4 Prozentpunkte vor China lag. Eine Folge dieses Wachstums: Die Nachfrage nach Lösungen für Off Highway-Anwendungen vom Technologielieferanten Thomas, insbesondere aus Fernost, boomt.

Bereits kurz nach der Gründung der Customer Unit Off Highway Solutions in 2003 knüpfte Thomas über regelmäßige Messebesuche in Shanghai erste Kontakte. Ab 2006 ist das Unternehmen in Shanghai präsent und baut sein Lieferantenportfolio aus. Die Planungen von Thomas, direkt vor Ort in China produzieren zu können, werden seit 2018 immer konkreter. Denn auch der Ruf der chinesischen Kunden, lokal die Produkte beziehen zu können, wird immer lauter. Verständlich, denn Produkte aus Deutschland zu beziehen, kostet Zeit, Geld und Flexibilität: sechs Wochen und länger dauert eine Verschiffung. Zudem fallen Versand- und Zollgebühren an, die Materialkosten sind ebenfalls höher als in China. Um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, ist eine Produktionsstätte vor Ort also unerlässlich.

„Die wichtigsten Gründe für Thomas, eine eigene Produktion in China zu verwirklichen, waren unser Wunsch nach mehr Kundennähe und mehr Flexibilität in der gesamten Supply Chain. China verzeichnet ein enormes Wirtschaftswachstum und unsere Kunden sind sehr innovativ, gerade im Off Highway Bereich. Wir wollen am lokalen wie globalen Wettbewerb um die besten Technologien partizipieren und vor Ort unsere asiatischen Kunden noch besser bedienen“, erklärt Christoph Thomas, Chief Customer Officer. „Gerade die Auswirkungen der Pandemie haben diesen Entschluss noch einmal im Nachhinein bekräftigt.“

Mit erfahrenem Partner an der Seite

Das Interesse deutscher mittelständischer Firmen an einem Markteintritt in China hat ein Dienstleister mit Niederlassungen in München und Kunshan (China) erkannt. Er bietet Unternehmen wie Thomas das Full-Service-Paket an: ein deutsch-chinesisches Team vermietet Produktionsflächen und übernimmt die zentralen Themen Management, Finanzbuchhaltung, Administration und Personal. Bei weiteren Funktionen (z.B. im Bereich Qualitätsmanagement & Produktion) ist er dem Thomas-Team behilflich. Thomas schätzt diese Form der Unterstützung des erfahrenen Partners, denn sie ermöglicht eine schnellere Lokalisierung und senkt damit das unternehmerische Risiko.

Das Unternehmen verfügt über insgesamt 40.000 m² Produktionshallen in dem über zwei Millionen Einwohner großen Kunshan. Die Stadt liegt ganz zentral im Wirtschaftszentrum des Jangtse-Deltas rund 60 km westlich von Shanghai. Thomas beginnt mit 700 m², auf denen zunächst zwei und ab dem zweiten Halbjahr zwei weitere Fertigungslinien betrieben werden sollen. Der Dienstleister versteht sich als „Inkubator“ für deutsche mittelständische Produktionsunternehmen und übernimmt die Aufgaben im Rahmen des Gründens und Führens einer Tochtergesellschaft bis zur Phase des Überführens in eine eigene Produktionsniederlassung. Mit dessen Hilfe etablierte Thomas bereits im Mai 2021 in China eine eigene Gesellschaft, die Thomas Actuation Technology Ltd. Kunshan.

In der Regel wachsen Kunden wie Thomas nach zwei bis fünf Jahren auf eine Größe, bei der mehr als 1000 m² Produktionsfläche erforderlich sind. In dieser Zeit erreichen sie durch die gesammelten Erfahrungen und mit einem aufgebauten Netzwerk Eigenständigkeit. Auch Christoph Thomas, Chief Customer Officer, plant langfristig mit der Entwicklung von Thomas auf dem Wachstumsmarkt: „Wir werden weiterhin in den Kapazitätsausbau der lokalen Produktion in China investieren, um die zusätzlichen Bedarfe unserer Kunden in Asien fortwährend abdecken zu können. Dabei richten wir unsere Entscheidungen auf die Strategien unserer Kunden und auch des chinesischen Staates aus.“

Produktionsgebäude in Kunshan
Gebäude von innen
Johannes Alessio, Director Project Management Off Highway Solutions
Xiangfeng Zhou, Chief Representative Officer & Sales Manager

Interkulturelles Teamwork

Neben wirtschaftlichen Aspekten sind sozio-kulturelle Eigenheiten deutscher und chinesischer Mentalität in der Zusammenarbeit zu beachten. Innerhalb des Unternehmens sind in Deutschland Johannes Alessio und in China Xiangfeng Zhou als Projektverantwortliche benannt. Bei der Planung und Durchführung der von Thomas zu erfüllenden Projektschritte, wie die technische Produktionsvorbereitung, ist eine enge Abstimmung erforderlich. Trotz des Zeitunterschieds von sechs Stunden zwischen China und Deutschland sind Videokonferenzen wichtig, um sich persönlicher und direkter austauschen zu können. Auf die Frage, wie Johannes Alessio, Director Project Management Off Highway Solutions, die chinesische Arbeitsweise beschreibt, antwortet er: „Meine chinesischen Kolleginnen und Kollegen erlebe ich viel risikofreudiger als meine deutschen. Sie gehen nach dem Prinzip „Versuch und Irrtum“ vor. Entscheidungen werden eher autoritär getroffen, es wird schnell und pragmatisch gearbeitet, mit immer der passenden Lösung für die Kunden zum Ziel. Das setzt natürlich ein großes Vertrauensverhältnis vor Geschäftsabschluss voraus.“

Xiangfeng Zhou, Chief Representative Officer & Sales Manager, schildert seine Sicht auf das deutsche Vorgehen wie folgt: „Ich nehme meine deutschen Kolleginnen und Kollegen in ihrer Arbeit als sehr gründlich und gewissenhaft wahr. Erst überlegen und bewerten, dann handeln sie. Entscheidungen im Team werden demokratisch getroffen und es gibt viele Checklisten. Im Vergleich zu unserer Arbeitsweise verläuft das Abschließen von Projektschritten etwas langsamer.“

Das deutsch-chinesische Thomas-Team fühlt sich bereichert durch diese interkulturelle Kooperation. Jeder gewinnt Einblicke in unterschiedliche Denk- und Arbeitsweisen und lernt, die eigenen zu reflektieren. Das Team weiß die Vorzüge beider Mentalitäten zu schätzen und sucht den Mittelweg zwischen zwei Welten: Deutsche Qualitätsstandards gelten auch für die Produktion in China, Entscheidungsprozesse verlaufen dynamischer durch die agile Projektentwicklung. Im Sinne der Thomas-Werte Ehrlichkeit, Mut, Helfen gelingt auf diese Weise eine erfolgreiche Zusammenarbeit auf dem Wachstumsmarkt China, heute und in Zukunft.

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